Elke Schmitter, gebürtige Krefelderin und niederrheinische Literaturpreistägerin,

zum 100. Geburtstag der Uerdinger Bücherei

Liebe Leserinnen und Leser,

verehrte Unentwegte,

bewunderte Bohrer dicker Bretter!

Eigentlich hätte ich mir nicht träumen lassen, nach einem letzten Besuch IN der Bücherei Uerdingen – dass eine solche Initiative, wie Sie die auf die Beine gestellt haben – wie man gerade jetzt buchstäblich sagen muss -, dass eine solche Initiative nicht sofort und dauerhaft Erfolg haben kann. Ich kenne die Verantwortlichen im Stadtrat nicht, aber als Schriftstellerin hätte ich großes Interesse, einmal mit ihnen zu sprechen, um zu erfahren, was sie im Innersten bewegt. Und welche Motive so stark sein können, dass man gegen die Vernunft, gegen die eigenen politischen Grundsätze UND gegen den Willen der Bürgerinnen und Bürger handelt, die man vertreten soll.

Das ist EIN Roman, der noch zu schreiben wäre.
Der andere spielt sich gerade hier ab, in der Realität – und alle, die hier stehen, sind mittendrin und schreiben ihn. Er spielt unter Menschen, die sich zwar enttäuschen, die sich aber nicht verbittern lassen. Die nicht nur für ihre Interessen kämpfen, sondern auch für die Interessen der Gesellschaft und der Stadt, in der sie wohnen. Die Tricksereien mit offenem Protest beantworten und undurchsichtige Manöver mit klarer Kommunikation. Die sich nicht spalten lassen in Resignierte, Zurückgezogene und Einzelkämpfer. Und die auch in ihrem Widerstand gegen Undurchsichtigkeit und Willkür bleiben, wie sie sind: solidarisch und einfallsreich.

Ich freue mich schon auf die nächste Lesung in Uerdingen. IN der Bücherei oder noch davor – auf jedem Fall vor dem Publikum, vor dem ich größeren Respekt habe als vor jedem anderen in Deutschland!

Aus der Ferne grüßt herzlich

Elke Schmitter